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Protestaktion zum Entwurf des neuen Bundesteilhabegesetzes

Stellungnahme zum Referentenentwurf des neuen Bundesteilhabegesetzes

Die Bundesregierung hat entsprechend ihres Koalitionsvertrages einen Referentenentwurf für ein Bundesteilhabegesetz vorgelegt, welches die Lebensbedingungen behinderter Menschen verbessern und die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen soll.

Neben einigen positiven Aspekten, z.B. der Herausnahme von Teilhabeleistungen aus der Sozialhilfe, gibt es einige Punkte die aus Sicht der Gemeinschaft Altenschlirf kritisch zu bewerten sind und dringend einer Nachbesserung im Gesetzesentwurf bedürfen, damit das Bundesteilhabegesetz nicht gerade die am stärksten von Behinderung betroffenen Menschen deutlich benachteiligt:

  • Wunsch- und Wahlrecht: Die UN-Behindertenrechtskonvention gesteht jedem von Behinderung betroffenen Menschen die freie Wohnortwahl zu. Trotz entsprechender höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Vorrang des Wunschrechtes vor dem am Wirtschaftlichkeits-gebot des Leistungsträgers orientierten Auswahlermessens ist im Entwurf des Bundesteilhabegesetzes erneut der Wirtschaftlichkeitsvorbehalt formuliert. Auch wenn Betreuung in einem „ambulanten Setting“ sicher für viele behinderte Menschen eine gute, selbstbestimmte Lebensform ermöglicht, darf nicht übersehen werden, dass für viele, und gerade für die Schwächsten auch weiterhin stationäre Wohnformen, wie eine Lebensgemeinschaft wie die Gemeinschaft Altenschlirf sie bietet, notwendig sein werden, für eine selbstbestimmte Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.
  • Assistenzleistungen: Hier wird künftig unterschieden in „befähigende Assistenzleistungen“ und „ersetzende Assistenz“. Letztere soll im Gegensatz zu ersteren nicht mehr durch Fachkräfte sondern vielmehr durch Hilfskräfte erbracht werden. Dies kann nicht im Sinne der betroffenen Menschen sein. Hier wird offenbar versucht in unangebrachter Weise, auf dem Rücken der am stärksten von Behinderung betroffenen Menschen, Geld zu sparen und gleichzeitig den eklatanten Fachkräftemangel im Nebensatz zu beseitigen. Es droht die Unterteilung in zwei Klassen: die Behinderten die befähigt werden können, und die, bei denen nichts mehr zu befähigen ist – hierunter wird wohl der Großteil der „geistig behinderten Menschen“ zu subsummieren sein…
  • Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie für Unterkunft und Heizung werden aus der Eingliederungshilfe herausgelöst und verbleiben im Sozialhilferecht, d.h. sie werden auf Grundsicherungsniveau abgesenkt. Lediglich ein Aufschlag von 25% soll Ausgleich für besondere Wohnraumbedürfnisse behinderter Menschen ausgleichen. Berechnungen an Modelleinrichtungen haben gezeigt, dass stationäre Wohnplätze (und solche wird es, gerade für die am stärksten von Behinderung betroffenen Menschen, weiter geben müssen!) zu diesen Sätzen weder von Betreiber- noch von Bewohnerseite finanziert werden können. Hier muss deutlich nachgebessert werden, damit es nicht für die Schwächsten der Betroffenen zu deutlich negativen Einschnitten hinsichtlich der Finanzierung ihres bisherigen Lebensumfeldes kommt!
  • Teilhabe am Arbeitsleben soll entgegen den Formulierungen der UN-Behinderten-rechtskonvention auch weiterhin nicht für alle von Behinderung betroffenen Menschen gelten, sondern nur in den Fällen, in welchen ein „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ gegeben ist. Den Schwächsten bleiben Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verwehrt.

Insgesamt stimmt der immense Zeitdruck, unter welchem versucht wird den Gesetzesentwurf noch in dieser Legislaturperiode durchs Parlament zu bringen, bedenklich. Viele Aspekte neben den oben aufgezeigten sind in ihrer Bedeutung für die betroffenen Menschen nicht hinlänglich klar. Viele zentrale Punkte bedeuten, gerade für die am stärksten von Behinderung betroffenen Menschen eklatante Einschnitte, wogegen nur an vergleichsweise wenigen Stellen echte Vorteile zu erkennen sind.*

Für die Gemeinschaft Altenschlirf,
24.06.2016 Tobias Raedler (Geschäftsleitung Wohnbereich)

Weitere Informationen finden Sie unter: www.der-paritaetische.de


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Stellungnahmen der Fachverbände

“Die Stellungnahmen der Fachverbände (Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V., Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V., Anthropoi – Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V., Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V.) zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG)
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Zusammenfassende Stellungnahme des PARITÄTISCHEN