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von Hanna von Prosch, Wetterauer Zeitung vom 15.03.2023
Link zum Artikel in der Wetterauer Zeitung
Bad Nauheim (hms). Zwei Jahre Vorbereitung, Herzklopfen und dann zwei bravouröse, berührende Vorstellungen im Jugendstil-Theater: Die Inszenierung des Musiktheaters nach Vivaldis »Vier Jahreszeiten« war ein grandioser Erfolg. Den feierten die 22 Menschen mit Handicap aus der Wohngemeinschaft Altenschlirf im Vogelsberg, Laien und Profidarsteller und das Beethovenorchester Hessen unter der Gesamtleitung von Almut König-Kippenberg und Thomas Kippenberg.
So geht Inklusion: Auf der Bühne und im Saal sind alle glücklich. Während bei der Abendvorstellung am Samstag mit überwiegend erwachsenem Publikum eine geradezu magische Stimmung herrschte, tobte das Theater am sonntäglichen Familiennachmittag. »Wann geht’s los? Ich bin so gespannt«, tönte es aus den Reihen. Die Gäste mit Handicap konnten es kaum erwarten, bis das für sie große Ereignis, noch dazu in diesem besonderen Ambiente, begann. Mit Bussen waren sie aus Behinderteneinrichtungen der ganzen Wetterau und dem Vogelsberg gekommen. Aber auch Eltern mit ihren erwachsenen Kindern und viele kleine Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten gespannt das bunte Treiben auf der Bühne und die herrliche Musik Vivaldis.
Tanzen, ulken, sich verzaubern lassen
Vier Prinzen und eine schöne Dame, die Prinzessin Erde, spielen die Hauptrollen. Jede Jahreszeit buhlt um ihre Gunst. Am Ende trifft sie die weise Entscheidung, dass jeder zu seiner Zeit sie begleiten darf. »Und ihr schaut, dass es unserer Erde gut geht«, blieb am Schluss als Mahnung stehen. Die Geschichte drum herum wurde von den Spielerinnen und Spielern mitentwickelt. Zur Musik des jungen Beethoven-Orchesters Hessen unter der Leitung von Damian Ibn Salem fiel es leicht, die Jahreszeiten nachzuempfinden, zu tanzen, zu ulken, sich verzaubern zu lassen oder nur zu lauschen.
Ob im Frühling die Hirten unter dem Baum schlafen, während fantasievolle Maskenmenschen ihren Tanz vollführen, oder Ballerina Olga einen Schmetterling auf einer Blüte landen lässt, alles ist ruhig und beinahe zärtlich von Almut König-Kippenberg inszeniert. Köstlich ist die Sommerszene, in der Clown Pierino versucht Liegestühle aufzustellen. Die Spieler legen sich hin, bekommen vom Barmädchen einen Drink und schon eilen die Mücken herbei, wie in der Musik angedeutet. Mit einem Aufschrei flieht der letzte Badegast unter dem Gelächter des Publikums.
Im Herbst schauen Pierino und ein kesser Oktoberfestbesucher zu tief ins Glas und begeben sich torkelnd zur Ruhe. Dann führt Olga zu Hörnerklang die Jagdgesellschaft an, bis diese stolz mit ihrer Stofftierbeute abzieht.
Der Winterprinz, einer der wenigen Spieler mit Handicap, der eine Sprechrolle hat, sorgt für Ruhe und Geborgenheit. Die Bühne ist in blaugrünes und später weißes Licht getaucht, eine Kutschfahrt, eine Schneeballschlacht, Silberstaub, Kerzen. Märchenstunde, die Glasharfe begleitet einen Bändertanz, ein weißer Ballon steigt auf. Traumhafte Bilder, Farben, Klänge.
Es gehörte sehr viel Einfühlungsvermögen dazu, die erwachsenen Menschen mit Handicap während der Proben zu motivieren und zu führen, sodass alles perfekt klappt. Hier eine spontane Idee, dort die falsche Reihenfolge, ein kleines Ungeschick – was macht’s? Wichtig ist, dass jede und jeder in der Rolle authentisch bleibt. Alle legten ihr Herz in die Aufführung und konnten am Ende unglaublich stolz auf das sein, was sie geschafft hatten. Die Fäden auf der Bühne hielten vor allem die Profis Olga und Pierino in der Hand.
Rücksicht ist selbstverständlich
Für fantasievolle Stimmung im sparsamen Bühnenbild sorgte die professionelle Beleuchtung. Ein rundes Podest, ein kahler Baum, der sich mit wenigen Utensilien je nach Jahreszeit verwandelt, ein paar Requisiten, entzückende, von der Oper am Rhein geliehene Kostüme, großartige Masken und als Konstante der Mantel je nach Jahreszeit für Prinzessin Erde: alles in allem großes Theater.
Im Publikum sah man in der Pause schon rote Wangen und hörte begeistertes Geplapper. Die Gruppen packten ihre Brotzeit aus und Wasserkästen wurden geschleppt. Jeder nahm Rücksicht, Langsamkeit war selbstverständlich. Die Szenen lebten von spontanem Applaus, Lachen, Klatschen beim Rap – und zeitweise war es mucksmäuschen still.