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Die Erste Politische Herbsteiner Runde zur Landratswahl

08 Sep 2023

Die Erste Politische Herbsteiner Runde zur Landratswahl

Lauterbacher Anzeiger vom 20.9.2023 von Ditte von Dietze/Bilder: von Dietze

Gelungene Premiere: Erste Politische Herbsteiner Runde zur Landratswahl auch für Menschen mit Assistenzbedarf veranstaltet.

Stockhausen. Zu dieser erstmaligen Diskussionsrunde der Landratskandidaten für den Vogelsbergkreis waren von der “Gemeinschaft Altenschlirf” sowie “Kompass Leben” und “Leben am Weinberg” ausdrücklich auch Menschen mit Assistenzbedarf in die Sport- und Mehrzweckhalle eingeladen, um vor den Landrats- und Landtagswahlen am 8. Oktober 2023 einen persönlichen Eindruck der Politiker zu gewinnen, ihnen sozusagen auf den Zahn fühlen zu können.

Damit nicht zu viele unverständliche Fachbegriffe verwendet werden – was man sich eigentlich immer so wünschen würde – hatte das Moderatoren-Team Kirsten Antritter und Pierre Haas die vier Bewerber Bernhard Becker (parteilos), Sabine Leidig (Die Linken), Dr. Jens Mischak (CDU) und Dr. Udo Ornik (Die Grünen) auf der Bühne fest im Blick. Jürgen Laurinat (FDP) musste leider aus persönlichen Gründen kurzfristig absagen. Um auch die Stimmen aus dem Publikum besser sicht- und hörbar zu machen, waren Tobias Raedler und Astrid Schneider mit Mikrofon und ermunternden Worten unterstützend im Einsatz.

Weiteres wichtiges Requisit war der immer wieder mal piepsende Handy-Wecker von Kirsten Antritter, der eindrücklich zeigte, wie schnell zwei Minuten Redezeit vorbei sein können! Hier waren nicht nur bei der Begrüßung und Vorstellung der Kandidaten klare Worte mit anschaulichen Beispielen gefordert. In der Eröffnungsrunde konnten die vier Bewerber ihre “Vision vom Vogelsberg im Jahr 2035” den interessierten Zuhörern offenbaren. Während sich Dr. Udo Ornik den Vogelsberg als einen beliebten Ort für die Vogelsberger und alle Menschen aus Deutschland vorstellt, wünscht sich Sabine Leidig mehr Wertschätzung der Natur und besseren Umgang mit den Schätzen des Vogelsberges. Bernhard Becker stellt sich alle Dächer voller Solarzellen vor, günstige öffentliche Verkehrsmittel und weniger Bürokratie. Dr. Jens Mischak erhofft sich in der Zukunft wieder mehr Bewusstsein für den ländlichen Raum, Stärkung des Handwerkes und der Schulen sowie eine gute Kinderbetreuung. Für seine Vision benötigte er genau zwei Minuten, scheint eine “innere Uhr” zu haben, wie Kirsten Antritter anmerkte.

Im weiteren Verlauf der Diskussionsrunde war es bei den Themen “Ein lebenswerter Vogelsberg” mit Wohnen, Einkaufen, Familie, Freizeit, Arbeit und Ausbildung, die “Mobilität” sowohl als Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger als auch Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs sowie die “Kommunikation” im Internet als auch mit den Behörden für jeden der Bewerber gar nicht so einfach, die vorgegebene Zeit exakt einzuhalten. Und natürlich dauerte es bei der Vielzahl der Herausforderungen nicht lange, bis auch ganz konkrete Anfragen aus der Zuhörerschaft kamen. “Wie können Wohnungen endlich barrierefrei werden, wenn schon alleine die Umbaugenehmigung in der Wohngemeinschaft so lange dauert?”, “Wann gibt es wieder eine Schule in Stockhausen?” und “Es müsste mal ein Blitzer vor dem Schloss in Stockhausen aufgestellt werden … ich komme manchmal kaum über die Straße!” Auch Menschen mit Assistenzbedarf machen sich über die kleinen und großen Dinge des Lebens so ihre Gedanken. Hier stellt Pierre Haas folgerichtig fest, dass “Behinderung kein Merkmal ist, sondern eher in der Begegnung untereinander”.

Die vier Landrats-Bewerber streifen mit ihren Ausführungen eigentlich alle Bereiche, die uns Menschen beschäftigen. Besonders hervorzuheben ist der Fachkräftemangel, die Erhaltung der Schulstandorte, Verbesserung der Verkehrswege und die außergewöhnlich vielen Einrichtungen für Menschen mit Assistenzbedarf im Vogelsberg, die alle dringend Heilerziehungspfleger benötigen. Diese nehmen ihre Ausbildung lieber in anderen Bundesländern wahr, kommen dann nicht mehr in den Vogelsberg zurück. Alle können einen Beitrag zum gemeinschaftlichen Leben leisten, die Integration von “Behinderten” in den Wirtschaftskreislauf ist erwünscht, aber noch lange nicht erreicht. Überhaupt wird allen Anwesenden schnell klar: Wenn sich etwas wirklich positiv ändern soll, muss die Bundesregierung endlich alle Bürger “mit ins Boot nehmen”, nur gemeinsam lässt sich das Ziel erreichen!

Die ebenfalls vorgesehenen Fragen zu “Energie und Umwelt”, “Gesundheit” und “Tourismus” sind von allen Kandidaten weitgehend erwähnt und bedacht worden, so dass die beiden Moderatoren die “Erste Politische Herbsteiner Runde” abkürzen und nach knapp zwei Stunden in der Abschlussrunde die etwa einhundert Besucher noch um ihr Handzeichen bitten konnten, ob sie mit der Vorstellung und den Informationen zufrieden waren. Viel Zustimmung und auch Beifall waren zu hören. “War echt schön!”, stellt Christiane aus Herbstein bei anschließender Möglichkeit, mit den Kandidaten noch persönlich zu sprechen, fest. Und am 22. September 2023 um 19.00 Uhr gibt es an gleicher Stelle ebenfalls mit Unterstützung des Sportvereins Stockhausen eine Fortsetzung, diesmal mit den Kandidaten für den Hessischen Landtag … herzliche Einladung auch hierzu!

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