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In der aktuellen Corona-Krise wurde einmal mehr deutlich, dass auch Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger zu den „systemrelevanten“ Berufsgruppen gezählt werden müssen.
Aufgrund des Betretungsverbotes der Werkstätten sowie der besonderen Schutzmaßnahmen im Zuge des bundesweiten „Lock-down“ waren die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger, als die eigentlichen, und doch viel zu wenig beachteten Fachkräfte der Behindertenhilfe, wichtiger denn je. Ohne Sie hätten die zusätzlichen Aufwendungen und Notwendigkeiten der Menschen mit Unterstützungsbedarf in den Schulen, Wohneinrichtungen und Lebensorten nicht gemeistert werden können.
Wie im gesamten Bereich der Pflege, offenbarte sich auch hier, der in den letzten Jahren deutlich zunehmende Mangel an Fachkräften.
Leider sind mit der neuen Ausbildungsverordnung von 2018 in Hessen die Rahmenbedingungen und Zugangsvoraussetzungen für diesen Bildungsgang unverhältnismäßig verschärft und die Dauer, mit drei Jahren Vorerfahrungszeit und drei Jahren Ausbildung, auf 6 Jahre erhöht worden.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum hier nicht Rahmenbedingungen geschaffen werden, die junge Menschen motiviert, sich für die Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu qualifizieren, wo doch schon heute ein signifikanter Mangel und Rückgang an Auszubildenden in diesem Bereich zu verzeichnen ist.
Warum setzt Hessen hier mit seiner strengen Auslegung des Deutschen Qualifikationsrahmens der Stufe 6 (DQR 6) von den umliegenden Bundesländern ab? Wird damit nicht eine Abwanderung zukünftiger Fachkräfte und damit auch ein verschärfter Fachkräftemangel in Hessen verursacht?
So wünschenswert hohe Qualitätsanforderungen an Fachschulausbildungen heute auch sind, so muss doch einer zu starken Akademisierung der Ausbildungen gerade in diesem Bereich entgegengewirkt werden. Der Beruf des Heilerziehungspflegers als qualifizierte Fachkraft auf Fachschulniveau zwischen dem niederschwelligen Betreuungshelfer und dem diplomierten Sozialpädagogen hat seinen Stand in der Alltagspraxis gefunden. Wie sonst könnte auch die Arbeit, die jeden Tag und auch an Wochenenden benötigt wird, über „satt und sauber“ hinaus mit Haltung und Niveau geleistet werden?
Die Qualität dieser Ausbildung wird heute vor allem durch die Inhalte und ihre Umsetzung in die Berufspraxis bestimmt – viel weniger doch dahingehend, welche Vorbildungen oder Vorerfahrungen jemand zuvor erbracht hat.
Als Leistungserbringer und Praxisanleiter fordern wir daher, die vorgeschriebene Vorerfahrungszeit für diese Ausbildung deutlich zu verkürzen. Die aktuelle Ausbildungsdauer von sechs Jahren entspricht damit der Dauer eines Hochschulstudiums, was uns angesichts der beruflich gestellten Anforderungen nicht gerechtfertigt erscheint. Es erstaunt umso mehr wenn man bedenkt, dass im Vergleich zu einer Ausbildung zur Pflegefachkraft z. B. keine Vorerfahrungszeit notwendig ist, obgleich die berufliche Verantwortung und Anforderung bis hin zu ihrer Vergütung in der Regel etwas höher liegt.
Auch Nachbarländer wie Baden-Württemberg halten 12 Monate an Vorerfahrungszeit für ausreichend, ganz unabhängig davon ob jemand mit mittlerem oder höherem Schulabschluss in diese Ausbildung strebt!
Ferner sollte auch bedacht werden, dass mit der Forderung nach einer dreijährigen Vorerfahrung auch der Bundesfreiwilligendienst und das FSJ als Vorbereitungszeit auf die Ausbildung an Attraktivität verlieren, was die Einrichtungsträger schon heute an der sinkenden Nachfrage nach Plätzen für den Freiwilligendienst feststellen.
Des Weiteren verhindert die hessische Ausbildungsverordnung mit der Forderung des Sprachniveaus C1 zu Beginn des zweiten Ausbildungsabschnittes, dass interessierte und motivierte Menschen auch aus dem Ausland in die Qualifizierung der in der Behindertenhilfe in Hessen so dringend benötigten Fachkräfte gelangen. Ein Sprachniveau von B2 zu Ausbildungsbeginn und C1 zu Ausbildungsende scheint aus Sicht der Praktiker hier absolut ausreichend und würde auch den Übergang aus einem Freiwilligendienst in diese Ausbildung erleichtern.
Als Regionalkonferenz Hessen des Bundesverbandes Anthropoi und in Vertretung seiner 19 hessischen Einrichtungen, in denen aktuell 1700 Menschen mit Beeinträchtigungen unterstützt werden, bitten wir daher die politischen Verantwortungsträger hier zu tätig zu werden und die ungeeigneten Ausgangsvoraussetzungen für die Ausbildung der Heilerziehungspflege in Hessen zu korrigieren bzw. anzugleichen. Es darf nicht dazu kommen, dass sich die Arbeit der Behindertenhilfe in Hessen qualitativ verschlechtert, weil künftige Heilerziehungspfleger in andere Bundesländer abwandern.
Für die Regionalkonferenz Hessen des Fachverbandes Anthropoi Bundesverband Herbstein / Kassel, den 01.07.2020
Tobias Raedler, Gemeinschaft Altenschlirf und Stefan Pötzsch, Werkhof am Park